Integrative Zahnheilkunde (Archiv)

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Miasmatische Zeichen in der Mundhöhle

Von Roland Schule

Vorbemerkung

Der nachfolgende Artikel ist ein Bestandteil einer Unterrichtseinheit aus der curricularen Weiterbilung "Homöopathie für Ärzte/Zahnärzte". Nach der zentralen Themenliste ist für den Kurs E eine Vorstellung der chronischen Erkrankungen in der Zahnheilkunde vorgesehen. Der Autor ist als Dozent in der Weiterbildungsgruppe "Homöopathie im ZÄN", Freudenstadt, tätig und betreut Ärzte und Zahnärzte in allen Themen, die "Homöopathie und Zahnmedizin" betreffen.

Spezielle Kurse zu dem Komplex  „Homöopathie und Zahnmedizin“ für interessierte Zahnmediziner werden nach dem „Freudenstädter Modell“ in die Weiterbildung für Ärzte integriert und erfüllen so den ganzheitlichen Anspruch der Homöopathie als eigenständige Regulationsmedizin. Die Kurse werden im Zusammenhang mit dem ZÄN-Kongress zweimal jährlich in Freudenstadt angeboten. Für Zahnärzte gilt eine Teilnahme der Kurse A, B und C. Weitere Kurse zusammen mit den Ärzten können anschließend belegt werden.

Weitere Informationen sind unter den Web-Adressen
http://www.homoeopathie-und-zahnmedizin.de
oder
http://www.zaen.org.
zu finden.

 

Die Mundhöhle ist ein „zentrales Organ“ für die Individualität des Menschen. Sie spielt eine ganz entscheidende Rolle im ganzheitlichen Verständnis von Persönlichkeit, physischer und psychischer Ausdruckskraft und letztendlich ist sie Spiegelbild der gesundheitlichen Verfassung einer Person.

Multifunktionell ist der Mundraum nicht nur Arbeitswelt der Zahnmediziner, Kauorgan und Beginn des Verdauungstraktes. Er dient gleichzeitig der Atmung und damit der Laut- und Sprachbildung. Das Zusammenspiel der verbalen mit der nonverbalen Kommunikation, ausgeführt von mimischer Muskulatur und Modulation der Sprache,  ist ein wesendlicher Bestandteil unserer psycho-sozio-emotionalen Stimmung.

1. Beispiel:
Innervation der Hirnnerven  N. Trigeminus (V. HN), N. glossopharyngeus (IX. HN), N. Facialis (VII. HN) sowie Sympathikus und Parasympathikus in den  Nuklei der Segmente 1.–4. HWS.

2. Beispiel:
Muskelketten: Kaumuskeln – Unterzungenmuskeln – Nackenmuskulatur/Atlas/Axis + KG (TM Gelenk).

3. Beispiel:
Meridiane, die den Bereich tangieren und durchkreuzen/ besonders retromolar hinter den 8er. Mundakupunktur (nach J. Gleditsch)

4. Beispiel:
TCM – Zungendiagnostik als Fernwirkung der inneren Organe.

Fazit:

Die Mundhöhle ist Spiegelbild der gesamten Konstitution. Sie gibt Auskunft über die Situation von Stoffwechselfunktionen, skelettalem Wachstum, Abwehrlage des Immunsystems. Sie unterliegt mit ihrer Schleimhaut und dem darin befindlichen lymphatischen System der humoralen Steuerung genauso wie andere Organe auch.

Dieser bedeutenden Rolle der Mundhöhle Rechnung zu tragen haben in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche zahnärztliche Kollegen, die ganzheitlich und energetisch dachten, versucht. Am nachhaltigsten entwickelt und verbreitet ist dabei die Tabelle der Organbezüge nach Voll und Kramer.
 
Eigene Arbeiten über „Entwicklung des Mundraumes – Zahnanlagen und Gesichtsentwicklung“ brachten Verbindungen zu den Leitsymptomen miasmatisch bedeutsamer Arzneimittel. Spannend für mich sind Arzneimittelprüfungen (AMP) und Beschreibungen in der Materia Medica (M. M.), die sich mit Symptomen aus dem Bereich der ZMK befassen. Dieses Wissen  und diese Beobachtungen wurden durchweg von Nicht-Zahnärzten bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts erhoben. Mit Respekt und Hochachtung verwende ich solche Details in unserer heutigen „Fachdisziplin“ der Zahnheilkunde.

Das Studium der M.M. über Hauptarzneien und Nosoden der klassischen Miasmen haben mich an dieses Thema herangeleitet.

Kleiner Überblick über die Einteilung der Miasmen, Grundstrukturen und Charakteristiken

Miasmen und Mund

Jedes Miasma wird beschrieben mit einem Hauptmittel und einer Nosode. Dazu kommen bestimmte Krankheitsprozesse und typische Reaktionsweisen des Organismus.

Die von Samuel Hahnemann postulierten „klassischen“ Miasmen – Psora, Sykose und Syphilinie – dienen auch heute noch als Erklärungsmodelle für chronische Krankheiten. Sie geben Hinweise und Zusammenhänge für Entstehung, Verlauf und Therapie von Zustandsformen im jeweiligen Erkrankungsstadium.

Die Erweiterungen zu Mischmiasmen und schließlich die nach Sankaran beschriebenen 10 Miasmen der heutigen Zeit sind Versuche, durch feinere Zwischenstufen den modernen „Zivilisationskrankheiten“ zu begegnen. In der „klassischen Homöopathie“ gelten die drei Grundmodelle der chronischen Krankheiten als eine ausreichende und alles einschließende Theorie.

Den drei klassischen Miasmen werden nach M. Dorcsi  typische Stoffwechselsituationen und Charaktere nach seiner Lehre der Diathesen zugeordnet. In der gleichen Tabelle erkennen wir auch die jeweiligen Hauptmittel und die Nosoden für jedes Miasma.

Psora                                           Sykose                                       Syphiline

Hypo/Bremse                            Hyper-/Ausfluss              Destruktion/Entartung
Defekt                                           Exzess                                    Perversion

lymphatisch                                   lithämisch                               destruktiv

Sulphur                                            Thuja                                    Mercurius

Psorinum                                     Medorrhinum                            Syphilinum

S. Ortega
M. Dorcsi

Vorstellung Leitsymptome, Nosoden und Hauptmittel

Miasmen und Mund: PSORA

1. PSORA

Mit einer Verbreitung von "Sieben Achteln" unter seinen Patienten beschreibt  Samuel Hahnemann [1] die Psora als das häufigste chronische Miasma. In dem Standardwerk „Chronische Krankheiten“, Band 1, geht er sehr detailliert auf die klinischen Merkmale der Psora ein, hier werden sie „sekundäre Zeichen“ genannt.
Die Symptome aus dem Mundbereich sind folgende:

    • das Lippenrot ist blaß, schorfig, aufgesprungen
    • die Drüsen am Hals und Unterkiefer geschwollen und hart
    • das Zahnfleisch leicht blutend, weißlich geschwollen und schmerzhaft, verschwindet, die Vorderzähne und die Wurzeln entblößend
    • Zähneknirschen im Schlaf
    • Zahn-Schmerzen unzähliger Art, mit mancherlei Erregungsbedingungen
    • an der Zunge schmerzhafte Blasen und wunde Stellen, sie ist 
      weiß, belegt oder rauweiß/blass oder bläulich-weiß. Sie ist voller tiefer Furchen und trocken, auch bei gehöriger Feuchtigkeit
    • im Inneren der Backen schmerzhafte Blasen oder Geschwürchen
    • Gestank aus dem Mund
    • Brennen im Hals
    • beständiger Speichelzufluss, besonders beim Sprechen, vorzüglich früh, stetes Speichelschlucken
    • übler Mundgeruch, in einigen Fällen moderig, in anderen faulig, wie alter Käse, stinkender Fußschweiß oder fauliger Sauerkohl
    • Gelenke schmerzhaft bei Bewegung, sie knarren bei Bewegung, knacken/verstauchen oder verknicken sehr leicht. 

Der mexikanische Arzt und Homöopath Sanchez Ortega beschreibt die Psora als einen funktionellen Beschwerdekomplex mit körperlicher Abwehrschwäche und seelischer Überempfindlichkeit – ein durchgehender Mangel und eine Hemmung auf allen Ebenen. Die Patienten werden durch Ängstlichkeit, Schüchternheit und Mangel an Selbstvertrauen belastet. Die häufigsten Erkrankungen sieht er in der Neigung zu Infektionen der Atemwege, Allergien, Neurodermitis und Asthma.

Für die Psora gilt allgemein die Farbe „blau“ als farbpsychologischer Bezugspunkt.

Nosode Psorinum

Die Leitsymptome für die Nosode Psorinum lauten nach  H. C. Allen [2]:

  • auffällig aasartiger Geruch bei allen Absonderungen, auch Mundgeruch und Atemluft
  • Zwang zum Räuspern, bringt aus dem Rachen erbsgroße, käsige Bällchen hervor, die aashaft stinken

Im Repertorium (SYNTHESIS) [3] finden wir im Kapitel „Gesicht“  Schmerzen im Kieferköpfchen: 

  • Gesicht: Schmerzen – Kiefer; Kieferköpfchen:
    Psor (3-wertig) als alleiniges Mittel.

Hauptmittel Sulphur

Die Leitsymptome für das psorische Hauptmittel Sulphur sind im Bereich „Mund/Zähne“: hellrote Lippen, sämtliche Körperöffnungen sind rot. Sulphur ist mehr für die Außenhaut zuständig.

Sulphur ist mehr für die Außenhaut zuständig. An der Mundschleimhaut ist eher Natrium-muriaticum  das Mittel  der Wahl bei Veränderungen.

Nat-m.:  Herpesbläschen an den Lippen wie Perlen, viele Veränderungen an der Mundschleimhaut werden von Nat-m. abgedeckt. 
 

Nach J. Meuris [4]
ist Schwefel ein elementarer Bestandteil für die Stoffwechselleistung im Mesoderm und im Kreislaufsystem. Über die arterielle Kontraktion reguliert er die Passage im kapillaren Stromkreis und somit die Ernährung der Zellen. Nach neuer Anschauung sind hier die Verhältnisse in der Matrix ausschlaggebend –  ist die Matrix versulzt oder verklebt, dann versiegt der Transport in die Zellen. Dieser Zusammenhang erklärt auch die hohe Affinität des AM Sulphur zur Haut. Schwefelhaltige Abbauprodukte werden über die Haut abgesondert: Abschuppung, Haarausfall und Schweiß.

Der gesunde, kompensierte Sulphur-Patient ist dem Ideal der Gesundheit am nächsten: Er befindet sich in seiner Mitte. Die Entwicklung von Krankheit, Dysregulation oder auch Verfall der Lebenskraft genannt, ist primär ein trophisches Geschehen: Mangel – Überfluss – Nekrose.

Nach S. Hahnemann
ist Sulphur das Hauptmittel der antipsorischen Arzneien. Es ist für die Heilung und Ausleitung der Autointoxikation zuständig. Das geschieht in erster Linie über die Haut. Der charakteristische Schmerz ist das Brennen der Mundschleimhaut (Ausschluss von Materialstörung wie Prothesenkunststoff). Die Zirkulationsstörung beginnt in der Peripherie, im kapillaren Stromkreis.

Beispiel Parodontitis:
Die Gingiva ist geschwollen und rot, der arterielle Druck ist sehr hoch. Neigung zu Blutung und Entzündung.

Vorstellung Leitsymptome, Nosoden und Hauptmittel

Miasmen und Mund: Sykose

2. SYKOSE

S. Hahnemann beschreibt die Sykose als das kleinste der drei chronischen Miasmen. Die "Feigenwarzen-Krankheit" erzeuge bei weitem die wenigsten chronischen Krankheiten. Nach seiner Einschätzung lag die Häufigkeit bei unter 10 %, da er schon für die Psora eine Verbreitung von „sieben Achteln“ unter seinen Patienten sah. Die weiteste Verbreitung der Sykose in Europa erfolgte durch die Napoleonischen Kriege des frühen 19. Jahrhunderts. Danach sei sie stetig abgeklungen.

Hahnemann erkannte bereits die unterschiedlichen Primärstadien der venerischen Krankheiten und konnte den Tripper (Gonorrhö) als Infektion für die Sykose und Lues als Infektion für die Syphilnie ausmachen, ohne dass er mit spezifischen Erregernachweisen vertraut war. Für die Behandlung der primären Infektionszeichen der Gonorrhö, Auswüchse im Bereich der Geschlechtsorgane „in Form eines Hahnenkamms oder Blumenkohls“, aber auch für die, als sekundäre Hauterscheinungen geltenden Spätstadien, nennt er die potenzierte Arznei des Lebensbaumes (Thuja). Wenn diese nicht mehr wirkt folge Acidum nitricum. Nur bei den „veraltetsten und schwierigsten Fällen“ sollten die Feigwarzen zusätzlich äußerlich mit verdünnter Urtinktur von Thuja einmal täglich betupft werden. 

Solange die Sykose in frühem Stadium und als alleiniges Miasma angetroffen werde, sei bei dieser Behandlung mit großem Erfolg zu rechnen. Allerdings beobachtete Hahnemann häufig eine Kombination der Sykose mit der Psora, oder auch mit Psora und Syphilinie gleichzeitig. Bei solcher Art von Verkomplizierung müsse erst die Psora und dann die anderen Miasmen isoliert behandelt werden [1].

In der aktuellen Diskussion wird der Sykose eine wesendlich größere Bandbreite eingeräumt. Zum einen ist die weltweite Erkrankung an Gonorrhö mit ca. 25–60 Mio. Neuinfizierten pro Jahr extrem hoch [5], zum anderen kennen wir „moderne“ Infektionskrankheiten, die durch Chlamydien oder Papilloma-Viren ausgelöst werden. Auch ist durch Impffolgen und -schädigungen das Krankheitsbild einer Sykose heute deutlich weiter verbreitet als zu Hahnemanns Zeiten: Heute werden 60 % der chronischen Krankheiten dem sykotischen Miasma zugerechnet [6].

Das Krankheitsbild des sykotischen Miasmas ist geprägt von Überfluss, alle somatischen und psychischen Funktionen sind überreizt im Sinne von „hyper“. Es kommt zu übersteigerten Reaktionen in allen möglichen Ebenen, die bei lang anhaltendem, chronischem Verlauf in Schwäche und Verlangsamung münden.

Psychisch führen Ehrgeiz, übertriebene Erfolgsorientiertheit, aufgeblähtes Selbstbewusstsein, übermäßiges Verantwortungsgefühl, Hypersexualität und Raubbau an den energetischen Quellen nur allzu leicht zu einem kompensatorischen Missbrauch von Kaffee, Tabak, Alkohol oder Medikamenten. Stimulantien werden suchtähnlich konsumiert, aber nicht vertragen.

Als Hauptmittel für dieses Miasma gibt Hahnemann Thuja an. Die dazugehörende Nosode ist Medorrhinum. Die pathologischen Prozesse sind Hautwucherungen, Warzen, Papillome, Tumore, übersteigertes Knochenwachstum, übersteigerter Ehrgeiz, Pedanterie und Starrsinn.

Nosode Medorrhinum

Erste Beschreibungen über diese Geschlechtskrankheit liegen uns bereits aus der Bibel vor. Der Tripper hat eine lange Tradition in der Menschheitsgeschichte. Gewonnen wird die Nosode Medorrhinum aus unbehandeltem Gonokokkeneiter von mehreren infizierten Personen. Der Wert dieser Nosode kommt immer bei der Behandlung einer chronischen Infektion des Krankheitserregers oder beim Vorliegen einer erblichen Disposition zum Tragen. Durch Unterdrückung einer Gonorrhö überträgt sich die Information der Krankheit auf tiefer liegende Schichten des Körpers und beeinflusst so die Konstitution des Patienten.
Die Leitsymptome für die Nosode Medorrhinum sind ausführlich bei J. Mezger [7] beschrieben.

Hauptmittel Thuja

Viele „alte“ homöopathische Arzneimittel waren bereits vorher bekannt und fanden therapeutische Anwendungen in der Naturmedizin, in den Kräuterheilkunden und bei den Wundärzten. So auch die meisten Mittel aus Hahnemanns Arzneimittellehre. Aber die heilsame Wirkung von Thuja occidentalis (Lebensbaum) wurde von dem Altmeister selber in die Homöopathie eingeführt [9]. Nach seiner Prüfung und durch die Erkenntnis, dass das Erscheinen von Feigwarzen und anderer Kondylomen eine Primärinfektion der Gonorrhö darstellt, postulierte Hahnemann Thuja als wichtigstes Mittel gegen diese Art der venerischen Erkrankung. Ihm ist ja auch die Trennung von Tripper und Lues als zwei unterschiedliche, durch Infektion hervorgerufen Geschlechtskrankheiten als Verdienst zu zuschreiben.

Der Saft des Lebensbaumes (nomen est omen) beinhaltet sehr ätherische Öle, die bei Vergiftungen starke Reizungen und Entzündungen im Magen-Darm-Trakt hervorrufen. Es kommt zu blutigem Erbrechen, Ulzerationen, Hyperämie in vielen Teilen. Hinzu kommen degenerative Prozesse in der Leber, im Blut, im Gehirn. Bei dieser überaus ausgeprägten Giftigkeit kam nur eine  „homöopathische“ Anwendung nach entsprechender Verdünnung in Betracht.

Sehr früh wurde bereits die gute Wirkung bei Impfbeschwerden erkannt. Die damals so gefürchteten Pocken wurden erfolgreich durch Impfungen behandelt. Leider mit starken Nebenwirkungen und ausgeprägtem Siechtum, wenn die gesundheitliche Konstitution des Patienten bereits geschwächt war. Nach diesen Erfahrungen hat sich Hahnemann ausdrücklich für eine Impfung mit dem Serum der Kuhpocken ausgesprochen und diese neue Errungenschaft der Medizin für einen Segen der Menschheit erachtet. [9].

Heute  wird die Impfpraxis deutlich kritischer gesehen. Aber mit der Hilfe der Homöopathie sind in vielen Bereichen die Folgen und Schädigungen nach einer Impfung z.B. mit Thuja zu heilen. 
Eine ausführliche Zusammenstellung der Leitsymptome für Thuja ist in den einschlägigen M.M nach zu lesen, z. B. bei J. Mezger [7].  

Vorstellung Leitsymptome, Nosoden und Hauptmittel

Miasmen und Mund: Syphiline

3. SYPHILINE

Das syphilinische Miasma – ein Spiegelbild unserer modernen, post-industriellen Gesellschaft.

Die Nosode Syphilinum, aus luetischem Sekret hergestellt, ist für die Behandlung der hereditären Syphilis sehr wertvoll. Die hauptsächlichen Indikationen finden wir bei Skrofulose, bei Ozaena, bei chronischen Entzündungen an Augen, Ohren, Nasennebenhöhlen, bei Neuralgien, typischen Zahndeformationen, Bronchitis, Bronchialasthma und Gelenkrheumatismus.

Nosode Syphilinum

Als eine der drei Erbtoxine, neben Medorrhinum und Tuberculinum, hat das Arzneimittel große Bedeutung als Einleitungsmittel und Zwischenmittel oder bei einer Konstitutionsbehandlung.

Leitsymptome für Syphilinum nach J. Mezger [7] – klinische Symptome in der Zahnheilkunde:

  • Zähne deformiert, verdreht, fleckig, rascher kariöser Zerfall
  • häufig Geschwürbildung in Mund, Rachen, Zunge.
  • Zunge ist rot, wund, aufgesprungen; einseitige Lähmung
  • weicher Gaumen durch Geschwüre vollständig zerstört, leicht blutend
  • weiterer Befall im Rachen, an den Tonsillen
  • zäher Speichel
  • LKG – Spalten

Modalitäten:

  • Agg.:  von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang, an der Küste, im Sommer.
  • Amel.: tagsüber, im Binnenland und Gebirge, bei langsamer Bewegung.

Hauptmittel Mercurius 

Mercurius ist als Hauptmittel des syphilinischen Miasmas natürlich ein Paradeexemplar für alle Erkrankungen der Schleimhäute und der parenchymalen Drüsen. Alle Leitsymptome von Syphilinum werden hier wieder gefunden. Die Essenz ist Hast, Unruhe, Leben zwischen den Welten, Bipolarisierung in vielen Bereichen, Durchdringen aller Gewebeschichten ohne Erkennung von Grenzen, bis hin zur völligen Auflösung und Destruktion.
Besondere Symptome für die Zahnheilkunde sind die Affinität zu dem lymphatischen Drüsengewebe, Schwellungen in Wangenschleimhaut und Zungenrändern, Destruktion der Hartsubstanze (Zähne und Alveolarknochen) sowie vermehrter Speichelfluss und übel riechender Mundgeruch.

Miasmatische Zeichen in der Mundhöhle: Klinische Zeichen der PSORA

PSORA

Formulierung von klinischen Zuständen in der ZMK

In Folge von Mangel, schlechter Stoffwechsellage und unphysiologischer Versorgung der Gewebe kommen nachgeordnete, klinische Erscheinungen in Betracht: 

  • wenig Speichel, Trockenheit im Mund und der Lippen
  • Fehlender Muskel-Tonus, „Offener Mund“, myofunktionelle Störung
  • Zahnung zu langsam und/oder erschwert, allgemeine Entwicklung zurück
  • Zahnfleisch leicht blutend, schmerzhaft bei Berührung, Farbe blass und zurückweichend, anämisch. 

Andere Zeichen für das psorische Miasma sind Erkrankungen der Mundschleimhaut, rezidivierende Aphthen, ANUG und Mundfäule, Herpes, Verhärtung der Speichel-Drüsen (Parotis + Sublingualdrüsen) sowie Übelkeit erregender Mundgeschmack und –geruch. Die funktionelle Schwäche und Neigung zu orthopädischen Torsionen und Luxationen sind genau so im Bereich der CMD wieder zu finden. Besondere Aufmerksamkeit gilt hier dem Symptom „Schmerzen im Kiefergelenk“:

Repertorium: 

  • Gesicht: Schmerzen in Kiefer; Kieferköpfchen: Psor (3-wertig) als alleiniges Mittel.
  • Gesicht: Schmerzen in Kiefer; Kiefergelenk (42 Arzneimittel)

Verlangen zum Zähneknirschen und Verschlechterung der Beschwerden nachts sind ebenfalls Zeichen in unserem Fachbereich.

Mangel: Myofunktionelle Störung beim „Offenen Biss“:

"Offener Biss"

Unter der Bezeichnung „Offener Biss“ werden auch die Folgen von Habits, Lutschen oder Schnullen mitgewertet. Diese Angewohnheiten sollten zum Beginn des 3. Lebensjahres abtrainiert oder mit anderen Ritualen, die nicht die Zahnstellung tangieren, ersetz werden. Meine Beobachtungen zeigen aber auch ohne die erwähnten Habits diese myofunktionelle Störung. Mit dem Versuch einer Symptomen-Sammlung möchte ich die Problematik näher beschreiben:

Auffällig ist die Mundatmung, weil die Nasenpassage verlegt oder verstopft ist. Das liegt zum einen an der ständigen Infektanfälligkeit mit Prädisposition im Nasen-Rachen-Raum, zum anderen daran, dass die Nasenpassage bei Kinder anatomisch relativ kleiner ist als bei Erwachsenen.

Auch Anschwellungen der lymphatischen Organe steuern ihren Beitrag zur Verlegung der Nasenatmung bei. Eine weitere Beobachtung zeigt, dass Kinder auf die diese Beschreibung passt, generell eine schlaffe Muskulatur aufweisen. Der geringe Muskeltonus wird deutlich in einer schlechten Körperstatik und in der Schwäche beim Stehen oder Gehen. Diese Kinder sind oft in sich zusammengesunken oder „lümmeln“  im Stuhl oder auf dem Boden.

Eine Repertorisation nach diesen Symptomen ergibt folgende Analyse [3]:
sulph, ars, bar-c, calc, jod, merc, nat-m, phos, puls, thuj,...

Nach J. Meuris [4] ist Natrium-muriaticum ein wichtiges Mittel für den „offenen Biss": Ich sehe hier Barium-carbonicum an 1. Stelle.

Mangel: Zahnung zu langsam oder erschwert, allgemeine Entwicklung zurück

Von Generation zu Generation wird eine frühere Akzeleration in der allgemeinen Entwicklung beobachtet, besonders bei Mädchen. Auch für die Durchbruchszeiten der Milchzähne oder der permanenten Bezahnung werden häufig frühere Zeiten als der 6. Lebensmonat/das 6. Lebensjahr registriert. Trotzdem berichten viele Eltern, dass bei ihrem Kind die Zähne deutlich später als bei Geschwistern oder gleichaltrigen Kinder herausgewachsen sind. Die Schwelle für verzögerte Durchbruchszeiten der Milchzähne liegt nach dem 8. Lebensmonat bis zum 1. Jahr oder nach dem 8. Lebensjahr für die bleibenden Zähne.

In der Homöopathie können solche Angaben gewichtet und gewertet werden. Sie führen zu interessanten Verbindungen mit anderen Reifungsprozessen wie das Erlernen der Sprache oder körperliche Fähigkeiten wie Stehen und Laufen.
Für die Zahnung gilt:

1. Milchzahn
normal: 6. LM
verzögert: ab 8. LM–1. LJ

1. permanenter Zahn
normal: 6. LJ
verzögert: ab 8. LJ

Die Analyse der verzögerten oder langsamen Zahnung, verglichen mit der allgemeinen Entwicklungsverzögerung oder Erschwerung, ergibt die Arzneimittelauswahl – angeführt von den für die kindliche Entwicklung so wichtigen Calzium-Salzen, Mitteln der Verzögerung wie Silicea und Barium-carbonicum und schließlich tuberkuline Nosoden, Bacilinum und Tuberkulinum.

Bei Verabreichung der passenden Arznei sind sehr gute Reaktionen zu erwarten. Erfreuliche Begleiterscheinungen einer homöopathischen Konstitutionsbehandlung sind unter anderem ein spontaner Wachstumsschub, der Durchbruch von retinierten Zähnen und ein positive Entwicklung im Bereich der Kieferorthopädie.  

Eine wichtige Beobachtung im Zusammenhang mit Zahnungsproblemen sind die Knirsch- und Pressaktionen der Kinder. Das Verlangen mit einem harten Gegendruck auf das Areal des Zahnfaches zu einer Entlastung zu kommen, wird vielen Eltern bekannt sein. Die Materia Medica nennt hier zwei besonders angezeigte Mittel, die auch mit weiteren Symptomen wie Unruhe, Durchfall und Stuhlverfärbungen übereinstimmen: Phytolakka und Podophyllum.

Miasmatische Zeichen in der Mundhöhle: klinische Zeichen der SYKOSE

Sykose

Formulierung von klinischen Zuständen in der ZMK

Das sykotische Miasma zeichnet sich durch ungebremstes Wachstum, überschießende Stoffwechselsituationen und nachfolgende Schwäche aus. Im Bereich der Mundhöhle und des Gesichtes kommen zahlreiche Veränderung und Erkrankungen unter diesen klinischen Prämissen in Betracht:

  • knotige Geschwüre, Warzen und Papillome
  • Wucherungen an Gingiva, Kieferknochen und sogar an den Zähnen
  • die Hyperämie als frühes Zeichen in der Entzündungskaskade
  • übel riechende Absonderungen (Mundgeruch und -geschmack).

Leider haben alle drei vorgestellten Nosoden – Syphilinum, Psorinum und Medorrhinum – dieses charakteristische Merkmal. Für eine klinische Unterscheidung ist es somit nicht sonderlich hilfreich. Besser lassen sich da die Modalitäten für Verschlechterungen zu bestimmten Tageszeiten, das Temperaturverhalten und die Essgewohnheiten heranziehen. Das Wissen um diese auffälligen Besonderheiten ist für eine rasche und zielsichere Zuordnung der klinischen Beschwerden zu miasmatischen Grundlagen sehr hilfreich.

Wucherung: Warzen an Gingiva, Zunge, Nase

Warzen im Gesicht und an der Nase sind unübersehbar und für den Patienten so störend wie an den Händen auch. Selbst in der Volks- und Laienmedizin sind die Arzneimittel Thuja und Acidum-nitricum zur Behandlung der Warzen bekannt. Diese Wucherungen der Haut gelten als Kardinalszeichen der Sykose schlechthin, weshalb auch eine höchst prominente Mittelwahl hier zum Zuge kommt.

Fibrome in der Wangenschleimhaut

Veränderungen in der Bindegewebeschicht der Wange gehen häufig auf mechanische Irritationen und traumatische Bissverletzungen zurück. Sind die Strukturen im Gewebe erst einmal verhärtet, kennt die Klinik nur die Exzission als therapeutische Antwort. Nach homöopathischer Lesart kommt diese Behandlung einer Unterdrückung gleich. Ganzheitlich betrachtet wäre eine Auflösung der Geschwulst durch körpereigene Kräfte wünschenswert. Ich selbst habe aber diesen Vorgang, auch nach Beseitigung von störenden Parafunktionen, noch nie beobachtet. Im Repertorium [3] ist der Begriff „Fibrom“ nicht als Symptom aufgeführt. Hier muß man sich mit Umschreibungen behelfen:

Mund: Wucherungen oder knotige Schwellung im Mund und am Zahnfleisch.

Exostosen

Im Kapitel „Gesicht“ werden Exostosen der Kiefer, bzw. des Unterkiefers, aufgelistet. Häufigstes Mittel ist Hekla lava, gefolgt von Calcarea-fluorica und Fluoricum-acidum, beides sehr verwandte Mittel zu Silicea (Bodenzusammensetzung). Des Weiteren finden wir in dieser Analyse Angustera vera, Hepar sulfuris, Aurum muriaticum und Phytolacca – Mittel, die eher das syphilinische Miasma anzeigen.

Die klinische Erscheinung der meisten Exostosen im Mundbereich, an der lingualen Seite des Unterkiefers und, weniger häufig, an der vestibulären Seite bei Eckzähnen und Prämolaren im Oberkiefer, sind aber nach meiner Einschätzung reine Knochen-Wucherungen, ohne erkennbaren Reiz und ohne Zeichen einer Entzündung. Somit haben wir hier keine syphilinischen Vorgänge. Interessanter Weise konnte nach meinen Befragungen kein Patient Angaben darüber machen, seit wann er die deutlich sichtbaren Exostosen in seinem Mund beobachtet. Ein Zeitpunkt des Entstehens ist nie auszumachen gewesen.

Progenie des Unterkiefers

Die ungebremste Längenentwicklung der Mandibula (Unterkiefer), gekennzeichnet durch das vorspringende Kinn und den umgekehrten Überbiss der Frontzähne, ist in der Hauptsache genetisch bedingt. Selbst im Erwachsenenalter kommt es zur weiteren Vorschubentwicklung. Die Wachstumstendenz ist ausgesprochen hartnäckig und widersteht allen Kraftanstrengungen mit herausnehmbaren Apparaturen. Auch so genannte „Kopf-Kinn-Kappen“ waren nicht erfolgreich. Heute besteht der indizierte Therapieplan in einer Kombination von kieferchirurgischen und kieferorthopädischen Maßnahmen. Für mein Empfinden ist die Progenie ein klassisches Zeichen für eine sykotische Belastung.
In den gängigen Repertorien gibt es leider kein Symptom „Progenie“, auch keine anderen Rubriken im Kapitel „Gesicht“ oder „Mund“, die auf ein übermäßiges Längenwachstum der Mandibula hinweisen könnten. Einziger Hinweis in der Rubrik- vergrößert:
 
Gesicht - Vergrößert – Kiefer: hecla, irid-met., Phos.

In der Materia Medica steht für das Arzneimittel „Hekla lava“: „Knochenwucherung an bewegten Teilen“, gemeint sind die Hufe und der Unterkiefer der Weidetiere auf Island. Diese Beobachtungen machte der englische Arzt  J.Garth Wilkinson, von dem die ersten AMP mit Hekla lava stammen.

Auch die Akromeglie wird als sykotische Erkrankung gesehen und wird vom AM Hekla lava abgedeckt. 

Hyperämie

Als ein klinisches Zeichen für die sykotischen Vertreter gilt die frühe Entzündungstufe der Hyperämie. Patho-physilogisch bedeutet eine Mehrdurchblutung eines begrenzten Körperareals den Versuch des Organismus, hier eine drohende Entzündung abzuschwächen oder einzukreisen durch ein rasches Herantransportieren von Leukozyten und anderen Zellen der Immunabwehr.

Klinische Zeichen dieser Bemühungen sind Rötung, Schwellung und erhöhte Temperatur in diesem Bezirk. Auch die reaktive Hyperämie, im Verlauf einer Lokalanästhesie, wird hierunter zu verstehen sein. Diese Folge einer lokalen Hypertonie kennen wir von der Klinik der Pulpitis, aber auch in anderen Formen von Gesichts- und Kopfschmerzen. Häufig sind die Schmerzen im Rhythmus der Pulswelle zu spüren. Der bekannte pulsierende Klopfschmerz, verstärkt durch körperliche Bewegung, ist typisch für Belladonna atropa.
Im Repertorium lassen sich weitere AM finden, die zu den sykotischen Mittel zählen: Aconit, Chamomilla, Hypericum, Phosphor, Spigelia, Sepia, Nux-vomica u.a.

Ein weiteres typisches Kriterium für die Sykose sind plötzlich auftretende und ebenso plötzlich wieder verschwindende Beschwerden oder Schmerzen. Hier haben wir eine Verbindung zu den Neuralgien (siehe unten). Die Symptome im Kapitel „Allgemeines“ lauten: Schmerzen erscheinen und verschwinden plötzlich (3 Symptome möglich).

Venöse Stauung, Krampfadern unter der Zunge

Venöse Stauung, Varizen und Krampfadern sind ebenso Folge von gestörter Zirkulation wie die Hyperämie. In diesem Falle geht es pathologisch mehr um Differenzen im Druckgefälle zwischen venöser und arterieller Blutbahn. Das Versacken von venösem Blut fördert die Thrombosegefahr und führt zu einer Hypertonie. Ein gut sichtbares Venengeflecht auf der Zungenunterseite gilt als typisch für das Hauptmittel der Sykose, Thuja. In der Analyse wird dies bestätigt.

Analyse [3]:
Mund – Krampfadern: thuj.
Mund –  Krampfadern – Zunge: ambr. calc. Dig. Fl-ac. Ham. Puls. Thuj.

Neuralgie – Trigeminus und andere Gesichtsneuralgien, mit und ohne dentogener Genese

Das Thema „Trigeminus-Neuralgie und andere Gesichtsschmerzen“ wird in der Zahn-Mund- und Kiefer-Klinik allgemein und in der Homöopathie im Besonderen sehr umfangreich und vielschichtig behandelt. Die Charakteristika der Schmerzen, ihre Qualität, Intensität, Lokalisation und Ausstrahlungen sind so vielfältig, dass hier nur eine starke Reduktion wiedergegeben werden kann. Als grobe Unterscheidung dienen die Abtrennung von den Kopfschmerzen, die Betrachtung der halbseitigen Gesichtsschmerzen und Schmerzen im Verlauf des Trigeminus, mit und ohne dentogener Genese.

Hervorzuheben ist die sehr detailreiche Beobachtung der „alten“ Homöopathen, allesamt keine Zahnmediziner, die in Ermangelung unserer heutigen Diagnosegeräte sich alleine auf ihre Wahrnehmung der geschilderten Symptome verlassen mussten. Ihnen ist es zu verdanken, dass in der Homöopathie ca. 140 verschiedene Schmerzbeschreibungen und -zustände zu verzeichnen sind. Diese Vielzahl basiert auf den individuellen Angaben und Beobachtungen, die auf eine intensive Fallaufnahme nach Kriterien der großen Anamnese zurückgehen.  

Die klinische Diagnose „Trigeminus-Neuralgie“ legt folgende Definition zu Grunde:

Die Neuralgie ist gekennzeichnet durch anfallsartige Gesichtsschmerzattacken mit maximaler Stärke und überwiegend kurzer Dauer (Sekunden). Der Schmerzbereich deckt sich mit dem Ausbreitungsgebiet des betroffenen Nervenastes. Die Attacken können auch durch physiologische, taktile, thermische oder propriozeptive Reize ausgelöst werden. Häufige Triggermechanismen sind bei der (echten) Trigeminus-Neuralgie Kauen, Sprechen oder bestimmte Gesichtsbewegungen, die Berührung bestimmter Hautareale, die Einwirkung von Wasser oder generell Kälteexposition. Meistens sind bei der Trigeminus-Neuralgie Triggerpunkte bzw. Triggerzonen identifizierbar

Nach ganzheitlichen Kriterien können wir eine eher entzündliche (akute) von einer chronischen Variante unterscheiden. Das spiegelt sich auch in der Auswahl der zutreffenden homöopathischen Arzneimittel wider. Die Symptome, nach denen im Kapitel „Gesicht“ repertorisiert werden kann sind: Schmerzen, anfallsartig, plötzlich auftretend und wieder rasch vergehend, wahnsinnig machend, neuralgisch und Nervenschmerzen Trigeminusneuralgie. Eine weitere Qualität sind die umfangreichen Ausstrahlungsregionen: vonWangenknochen, Oberkiefer oder Nasenwurzel in die Augen, in die Stirn, zum Ohr, in den Hals oder in den Nacken.

Eine weitere Qualität sind die umfangreichen Ausstrahlungsregionen: vom  Wangenknochen, Oberkiefer oder Nasenwurzel in die Augen, in die Stirn, zum Ohr, in den Hals oder in den Nacken. Eine wichtige Eingrenzung der vielseitigen Erscheinungsformen können wir in der Homöopathie mit Hilfe der Modalitäten machen. In der bekannten Weise werden Angaben zur Tageszeit, Körperlage, Bewegungszustand und Temperaturverhalten ausgewertet.

Miasmatische Zeichen in der Mundhöhle: klinische Zeichen der SYPHILINE

Syphiline

Formulierung von klinischen Zuständen in der ZMK

Die Aspekte des syphilinischen Miasmas sind Gewebezerstörung, Auflösung von organisierten Verbindungen und vollständige Destruktion. Wenn von Strukturverlust und Defektbildung gesprochen wird, so sind in der Zahnmedizin immer die Hartsubstanzen der Zahnanlagen, Schmelz und Dentin, sowie die Alveolarfortsätze der Kieferknochen gemeint. Es werden hier also Form und Qualität der Zähne, aber auch die Eigenschaften des Zahnhalteapparates, des Desmodonts, untersucht.

Bereits die embryonalen Anlagen für Gestalt und Mineralisationsgrad der späteren Zahnform werden unter miasmatischen Aspekten ausgeprägt. Wenn man bedenkt, dass die frühe Keimstadien der 1. und 2. Dentition ab der 5. Schwangerschafts-woche differenziert werden, ab dem 5. Schwangerschaftsmonat bereits die Mineralisation der späteren Zähne beginnt, so wird ersichtlich, welche Auswirkung eine syphilinische Anlage haben kann.

Morphologie der Zähne

Repertorisiert man die Symptome, mit denen die äußere Form der Zähne beschrieben werden, so finden sich sehr gut differenzierte Angaben [3]. Es ist erstaunlich, wie genau die „alten Ärzte“ – nur solche haben sich bei der Arzneimittelprüfung in den letzten beiden Jahrhunderten beteiligt – klinische Zeichen im Zahnbogen betrachtet haben. Der Stand der Zahnmediziner hat sich erst zu Beginn des 20. Jahrhundert ausgeformt, wobei die homöopathische Methodik sicher nicht im Vordergrund gestanden ist.

SYNTHESIS: Kapitel Zähne

  • Zähne - eingedellt, verkümmert bei Kindern: [siehe gezackt ]
  • Zähne - gezackt: bac. lach. med. plb. syph. tub.
  • Zähne - verformt, deformiert: syph
              - verdreht: syph.
              -
    Durchbruch verdreht: syph.
  • Zähne - unterentwickelt, verkümmert, klein: bac. Syph. 
              - unregelmäßige Form: bac. syph.
  • Zähne - keilförmige Form: Kreos.
  • Zähne - Zahnschmelz; zu wenig: Calc-f. merc. sil. tab.

Die Analyse ist hier bei den wenigen Mitteln sehr einleuchtend. Auffallend stark vertreten sind die Mittel Syphilinum und Bacilinum bzw. Tuberkulinum, letztere sind Vertreter des tuberkulinen Miasmas. Nachdem was oben über die Leitsymptome von Syphilinum berichtet wurde, ist dieses Ergebnis nicht weiter verwunderlich. Klinische Begriffe wie „Zapfenzahn“, „Mikrodontie“ oder „Nichtanlage von Zähnen“ sind im Repertorium nicht aufgeführt. Über die Materia Medica werden diese Zeichen aber eindeutig dem Arzneimittel Syphilinum zugeordnet.

Die morphologischen Deformationen lassen sich, wenn sie nach der Geburt klinisch zu erkennen sind, nicht mehr rückgängig machen. Zahnärztlich werden diese Formveränderungen nur prothetisch zu lösen sein. Aber sie können sehr gut als Zeichen einer entsprechenden Belastung gewertet werden und weisen so auf ein bestimmtes Miasma hin.

Karies der Zähne

Klinische Defekte der Zahnhartsubstanzen, Schmelz- und Dentinkaries, lassen sich ebenso gezielt und in ihrer Erscheinungsform sehr differenziert analysieren. Im Kapitel „Zähne“ sind die typischen Prädilektionsstellen für Karies, das zeitliche Auftreten und die Farbe der Karies zu unterscheiden. Die Häufigkeit der genannten Arzneimittel zeigt weit vorne Kreosotum, Staphysagria, Fluoricum acidum, Calcium-Salze, Plantago major, Mezereum und Mercurius. Kreosotum ist bekannt für frühzeitige Karies, noch wenn sich die Zähne im Durchbruch befinden, und für die großflächige, schwarz-braune Schmelzkaries. Die Dentinschicht bleibt lange unversehrt.

Ganz anders dagegen die unterminierende Dentinkaries bei Staphysagria. Über lange Zeit bleibt die schützende Schmelzschicht erhalten, obwohl sich im Verborgenen die Karies breit macht. Erst durch „Einbruch“ der Deckschicht tritt die Läsion zu tage, oftmals bedenklich nahe an der Zahnpulpa. Diese Form der unterminierenden Karies beobachte ich sehr häufig bei jungen Erwachsenen, die bis dahin kariesfrei gewesen sind.

Immer wieder überraschen mich der große Umfang und das plötzliche Auftreten der Karies an einzelnen Zähnen, meistens im Bereich der Prämolaren. Wie zu erwarten spielen die Calcium-Salze, besonders Calc-p. und Calc-f. hier eine bedeutende Rolle, sind doch diese Mineralien direkt am Aufbau der Hartsubstanzen beteiligt. Das dem Miasma vorstehende Mittel Mercurius zeichnet sich mehr durch Befall der Drüsen und Schleimhäute aus. Es ist aber auch mit dabei, wenn es um Auflösung in Hartgeweben, Knochen und Zähne, geht.

Strukturverlust im Zahnhalteapparat

Auf gleiche Weise lassen sich auch Symptome aus der Parodontologie zusammenstellen. Hier liegen die pathologischen Zeichen in der Tiefe des Alveolarknochens, dem so genannten Zahnbett (Peridont). Die schützende und nach außen hin abdichtende Gingivamanschette ist durch Entzündung aufgeweicht, meistens abstehend und eröffnet so den Zugang zum Peridontalspalt. Weitere Anhaltspunkte sind leicht blutendes Zahnfleisch und die Lockerung der Zähne. Wir finden diese Pathologie in den unterschiedlichsten Kapiteln wieder: Kapitel „Mund“, „Zähne“ und „Allgemeines“ - Knochenerweichung, Karies der Knochen, Skorbut und Rachitis.

Die Reihenfolge der häufigsten Mittel ist folgende:
Mercurius, Ammonium carbonicum, Nux vomica, Arsenicum album, Zincum, Plumbum, Thuja, Silicea, Kalium- und Aurum-Salze.

Immer wieder sind bei diesen Reihen die Metalle und Säuren im Vordergrund. Auffällig selten sind pflanzliche Vertreter unter den Arzneimitteln. Auch dies ist wieder ein deutlicher Hinweis auf die zerstörerische Kraft der mineralischen Abkömmlinge und die große Repräsentanz dieser Gruppe im syphilinischen Miasma.

Wenn die Schleimhaut Löcher aufweist

Alle Körperhöhlen werden von einer spezifischen Schleimhaut, der Mukosa, ausgekleidet. Sie sorgt für Abtrennung von Außen- und Innenwelt, vermindert Reibungsverluste bei der Passage und ermöglicht mit einer hohen Dehnbarkeit die Volumenanpassung. Wenn diese fein strukturierte Gewebeschicht in ihrer Kontinuität unterbrochen ist, kommt es zu vielfältigen Funktionseinbußen, Schmerzzuständen und erhöhtem Infektionsrisiko. Eine sehr kritische Erkrankungsform stellen die Geschwüre Ulzera und Aphthen der Mukosa dar.

Neben den Defekten und Strukturveränderungen der Hartsubstanzen sind auch die Schleimhäute im Mundraum stark vom syphilinischen Miasma beeinflusst. Besonders Ulzerationen an Zunge, Gaumen, Wangen und Gingiva sind hier zu nennen. Typisch für das syphilinische Miasma sind alle ulzerösen Läsionen mit grauem Grund, begleitet von übelriechenden Absonderungen.

Im Repertorium werden im Kapitel „Mund“, Rubrik „Geschwüre“, alle Oberflächen von Zunge, Wange, Gaumen und Zahnfleisch mit den unterschiedlichsten Untersymptomen genannt. Eine grobe Analyse über alle Geschwüre zeigen folgende Arzneimittel: 
Mercurius, Natrium muriaticum, Kalium bichromicum, Lachesis, Lycopodium, Nitricum acidum und Sulphuricum acidum.

Wie zu erwarten sind hier vor allem die starken Säuren vertreten, dann aber auch Mercurius als syphilinisches Hauptmittel und weitere Mittel, die auflösen und zersetzen, wie z. B. Lachesis. Bei differenzierter Auswahl nach der Art der Läsion, hier „wie ausgestanzt“ oder „perforiert“, erscheinen vor allem die Kalium-Salze Kali-bi und Kali-chl.

Eine Unterrubrik kennzeichnet ganz speziell die syphilitische Gestalt der Geschwüre mit dem Ergebnis:
Mercurius, Kalium-Salze, Aurum, Nitricum acidum, Lachesis, Hepar sulfuris und Syphilinum.

Es zeigen sich immer wieder die gleichen Arzneimittel. Auch bei der für die Mundschleimhaut so typischen Geschwürsform der Aphthen werden bei der Repertorisation die schon genannten Mittel auflaufen.

Zusammenfassung

Zum Abschluss dieser Ausführung lässt sich feststellen, dass die miasmatischen Zeichen in der Mundhöhle und im Gesicht eines Patienten wertvolle Hilfestellung bei der Beurteilung seiner chronischen Erkrankung und eine entsprechende Antwort im homöopathischen Sinne ermöglichen. Nicht nur für Zahnheilkundler sind diese auffälligen Besonderheiten wertvoll und in der klinischen Inspektion leicht zugänglich zu erheben.

Darüber hinaus ist eine hier aufgezeigte Verquickung und Verbindung des Zahn-Mund- und Kiefersystems mit dem ganzen Körper unumgänglich. Die Berührungsflächen zwischen Zahnmedizin und Allgemein-Medizin sind sehr eng verwoben und bestehen in viel größerem Maße als oftmals angenommen. Die Homöopathie ermöglicht es dem einzelnen „Fach“-Arzt aus seiner Nische herauszukommen und fachübergreifend oder im Netzwerk mit anderen Kollegen zum Wohle seiner Patienten zu therapieren

Literatur:

(1) Hahnemann, S: Die chronische Krankheiten/theoretische Grundlagen. Bd1 (1835); Heidelberg: Haug-Verlag, 2001.

(2)  Allen, Henry C.: Leitsymptome homöopathischer Arzneimittel. 4. Auflage, München & Jena: Urban & Fischer, 2005.

(3) Schroyens, F.: RADAR – Synthesis – Repertorium. Version 9.1.

(4) Meuris, J.: Homöopathie in der zahnärztliches Praxis. 3. überarbeitete Auflage, Heidelberg: Haug-Verlag, 1983.

(5) Quelle: RKI Berlin, Jahresbericht Geschlechtskrankheiten, 2004.

(6) Moura-Ribeiro (Brasilien): Vortrag InHom Tagung: 1. Internationale Coethener Expertentag. 1.–5. Mai 2001, Köthen.

(7) Mezger, J.: Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre. 11. Auflage; Heidelberg: Haug-Verlag 1995.

(8) Kent, J. T.: Kents Repertorium der homöopathischen Arzneimittel. Heidelberg: Haug-Verlag, 1998.

(9) Hahnemann, S.: Reine Arzneimittellehre. Bd. 5, Heidelberg: Haug-Verlag, 1995.

Autor:

Dr. med. dent. Roland Schule

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